Zwangsstörungen verstehen: Prävalenz, Ursachen, Formen und Behandlung

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Zwangsstörungen sind durch aufdringliche, sich wiederholende Gedanken und unkontrollierbares Verhalten gekennzeichnet. Zwangsgedanken und Zwänge beeinträchtigen häufig die täglichen Aktivitäten, verursachen Stress und führen zu einer Beeinträchtigung des Alltagslebens. Zwangsstörungen sind oft eine lebenslange Störung, die eine kontinuierliche Behandlung erfordert.

Was ist eine Zwangsstörung?

  • Zwangsgedanken (O): Gedanken, Bilder oder Impulse, die anhaltend und aufdringlich sind. Diese gedanklichen Erlebnisse sind unfreiwillig und können von der betroffenen Person nicht willentlich kontrolliert werden. Zwangsgedanken treten häufig zyklisch auf, d. h. sie umfassen mehr als eine Handlung oder einen Gedanken, die in einer bestimmten Reihenfolge auftreten und Angst oder Stress verursachen. Eine Person, die an einer Zwangsstörung leidet, versucht, die Zwangsgedanken durch eine andere gedankliche Handlung zu neutralisieren, z. B. durch einen Gedanken oder eine andere Handlung, die zu einem Zwang führt.
  • Zwang (C): Der Glaube, Zwängen durch wiederholtes Verhalten oder mentale Handlungen entkommen zu können. Dabei kann es sich um Rituale handeln, die in einer bestimmten Art und Weise mit großer Genauigkeit ausgeführt werden, um einen Abschluss zu erreichen. Zwanghafte Verhaltensweisen oder gedankliche Handlungen sind in der Regel mit einer Besessenheit verbunden, wie z. B. die zwanghafte Angst, krank zu werden oder eine Krankheit zu bekommen, die zu Hygieneritualen führt, um die Angst zu lindern. Zwänge können auch unvollständig sein, was bedeutet, dass eine Person sie wiederholt ausführt, bis sie glaubt, dass sie perfekt sind.
  • Verzerrtes Verhalten (D): Dies sind oft extreme Verhaltensweisen. Zum Beispiel wäscht sich jeder die Hände, um Krankheiten vorzubeugen, aber bei einer Zwangsstörung geht man noch einen Schritt weiter und wäscht sich die Hände, nachdem man etwas angefasst hat, oder wäscht sich die Hände über einen längeren Zeitraum. Bei einer Zwangsstörung werden die Verhaltensweisen nicht zum Vergnügen ausgeführt, auch wenn dies durch die Linderung von Angst oder Stress erreicht werden kann.

Prävalenz

Zwangsstörungen werden häufig in der Kindheit oder im frühen Jugendalter diagnostiziert und sind chronisch, d. h. sie bleiben ein Leben lang bestehen. Die Lebenszeitprävalenz von Zwangsstörungen liegt weltweit bei etwas über 1 %, genauer gesagt bei 1,5 % bei Frauen und 1 % bei Männern. Obwohl Frauen tendenziell häufiger betroffen sind, wird die Diagnose bei Männern oft früher gestellt. Die Prävalenz von Zwangsstörungen variiert je nach Kultur. In den Vereinigten Staaten beispielsweise ist sie mit 2,3 % fast doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Die Querschnittsprävalenz, d. h. die Prävalenz zu einem bestimmten Zeitpunkt, ist niedriger; allerdings ist die lebenslange Remissionsrate bei Zwangsstörungen gering, d. h. es ist wahrscheinlich, dass eine Person mit einer Zwangsstörung einen Rückfall erleidet.

Zwangsstörungen treten mit hoher Wahrscheinlichkeit zusammen mit anderen psychiatrischen Störungen auf. Bis zu 76 % der Patienten mit einer Zwangsstörung haben in der Vorgeschichte eine andere Angststörung oder werden gleichzeitig mit einer anderen Angststörung diagnostiziert, z. B. einer sozialen Angststörung, Phobien oder einer generalisierten Angststörung. Etwas seltener leiden 63 % an einer Stimmungsstörung und etwa ein Drittel an einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Es ist wichtig zu wissen, dass OCPD und OCD unterschiedliche Diagnosen sind. In geringerem Maße sind Zwangsstörungen häufig eine Nebendiagnose bei Menschen mit neuropsychologischen Störungen wie Schizophrenie, bipolaren Störungen, Essstörungen wie Anorexia nervosa und Tourette-Störungen. Es ist üblich, eine Person auf eine Zwangsstörung hin zu untersuchen, wenn eine der oben genannten Diagnosen gestellt wird.

Ursachen

Obwohl es keine eindeutige Ursache für die Entwicklung einer Zwangsstörung gibt, deutet die Literatur darauf hin, dass erbliche und Umweltfaktoren beim Ausbruch der Krankheit eine Rolle spielen. Die Ursachenforschung ist noch nicht abgeschlossen, wobei sich die meisten Bemühungen auf den kortiko-striato-thalamo-kortikalen (CSTC) Schaltkreis im Gehirn konzentrieren.

Die bekannten Ursachen lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

  1. Genetik: Zwillingsstudien weisen auf eine genetische Komponente der Zwangsstörung hin. Diese ist bei der früh einsetzenden Zwangsstörung, die im Kindesalter diagnostiziert wird, stärker ausgeprägt als bei der spät einsetzenden Zwangsstörung, die im Erwachsenenalter diagnostiziert wird. Die spezifischen Gene, die bei der Zwangsstörung eine Rolle spielen, sind nicht bekannt, aber dies ist ein sich rasch entwickelnder Forschungsbereich.
  2. Umwelt:
  • Stress: Ein traumatisches Ereignis, gefolgt von psychologischem und mentalem Stress.
  • Trauma: Hirnverletzung oder ischämischer Schlaganfall, insbesondere solche, die die kortiko-striato-thalamo-kortikalen Areale betreffen.
  • Hormonelle Schwankungen: Prämenstruelle und postpartale Perioden werden mit Rückfällen der Zwangsstörung in Verbindung gebracht.

Darüber hinaus wurden die folgenden Faktoren mit der Zwangsstörung in Verbindung gebracht:

  • Neurobiologie: Eine große Anzahl von Veröffentlichungen weist darauf hin, dass die Struktur und Funktion des CSTC-Kreislaufs im Gehirn der Hauptverdächtige bei der Entstehung von Zwangsstörungen ist. Der CSTC-Schaltkreis ist an der Steuerung von Bewegungsausführung, Gewohnheitsbildung und Belohnung beteiligt.
  • Tiermodelle: Chirurgische Eingriffe in den CSTC-Schaltkreis führen bei Tieren zu OCD-ähnlichen Symptomen.
  • Struktur: Neuroimaging-Studien haben strukturelle Anomalien im orbitofrontalen Kortex, im anterioren cingulären Kortex und im Striatum gezeigt.
  • Funktion: Funktionelle Neuroimaging-Studien haben gezeigt, dass Patienten mit einer Zwangsstörung während der Ausführung kognitiver Aufgaben andere CSTC-Schaltkreise rekrutieren als gesunde Personen.

Arten

Die Arten von Zwangsstörungen werden grob in 5 Kategorien eingeteilt, die auf den vorhandenen Zwangsgedanken und Zwängen basieren. Horten wird als eigenständige Störung diagnostiziert, spielt aber manchmal eine Rolle bei Zwangsstörungen. Die Symptomatik und der Schweregrad der Symptome variieren von Person zu Person.

  • Verunreinigung: Die Angst vor Verunreinigung, Schmutz und Keimen führt zu zwanghaftem Waschen, Duschen und Putzen.
  • Verantwortung für Schaden/Fehler: Gedanken oder Bilder, sich selbst oder anderen Schaden zuzufügen, führen zu Kontrollzwängen. Dies bedeutet, dass die Aufmerksamkeit auf ein physisches Objekt gerichtet wird, um sich zu vergewissern.
  • Inakzeptable Gedanken: Aufdringliche aggressive, sexuelle oder religiöse Gedanken, die zu mentalen Ritualen führen, z. B. zu Gebeten.
  • Unvollständigkeit: Angst vor Asymmetrie oder Sorge um Symmetrie, was zu Wiederholungen, Zählen, Ordnen und Richten führt.
  • Horten: Tritt manchmal bei Patienten mit Zwangsstörungen auf und beinhaltet das zwanghafte Sammeln und Horten von Dingen.

Diagnose

Wenn Sie vermuten, an einer Zwangsstörung zu leiden, sollten Sie Ihren Arzt um Hilfe bitten. Die folgenden Instrumente können Ärzten helfen, eine Zwangsstörung zu diagnostizieren.

  • Psychologische Beurteilung: Gedanken, Gefühle, Symptome und Verhaltensweisen werden besprochen, um festzustellen, ob zwanghaftes Verhalten vorliegt und ob es das tägliche Leben beeinträchtigt.
  • Diagnostische Kriterien: Es können Kriterien aus dem von der American Psychiatric Association herausgegebenen Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) verwendet werden.
  • Körperliche Untersuchung: Um festzustellen, ob die Symptome durch ein anderes Problem verursacht werden könnten.

Behandlung

Eine angemessene Behandlung kann helfen, die Symptome unter Kontrolle zu bringen und zu verhindern, dass sie das tägliche Leben beeinträchtigen. Der Schweregrad der Zwangsstörung bestimmt den Umfang der Behandlung und ob sie fortgesetzt werden muss. Es gibt zwei Hauptarten der Behandlung:

  1. Psychotherapie: kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und Expositions- und Reaktionstherapie (ERP).
  2. Medikamente:
  • Clomipramin (Anafranil)
  • Fluoxetin (Prozac)
  • Fluvoxamin
  • Paroxetin (Paxil, Pexeva)
  • Sertralin (Zoloft)

Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind

  • intensive ambulante und stationäre Behandlungsprogramme
  • Tiefe Hirnstimulation (DBS)
  • Transkranielle Magnetstimulation (TMS)

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über die Vor- und Nachteile der einzelnen Behandlungsmöglichkeiten, damit Sie wissen, wie sich die einzelnen Maßnahmen auf Sie auswirken können.